schluesselworte

schluesselworte
abgelegt und fortgegangen (c) Dieter Vandory

Montag, 23. Juli 2012

grenzland

/c/ dieter vandory, grenzland, 2012

























sein willst du
wie feiner sand, fließend
weiß verführerisch
ausgesetzt
dem schönen schein
der sonne und dem wind

in wahrheit bist du nie
die warme,
anschmiegsame düne
nur kalter sand am meeresgrund
lässt dich bestimmen von der welle
bist ebbe mal, dann flut

im grenzland
bist du stets daheim
/zwei schritte vor einen zurück/
wer sich nicht auskennt
mit ge_zeiten
hat pech gehabt und wird geschluckt






/c/ monika kafka, 07/12











Samstag, 21. Juli 2012

isabella kramer - weniger bis meer




















"diese nordisch hellen Weiten
Tage ganz mit Blau gefüllt
weiches Licht auf hellen Stränden
Wind, der Sehnsucht weckt und stillt"



In unserer lärmenden hektischen Zeit sind die Gedichte Isabella Kramers leuchtende Inseln der Stille und der Kontemplation, aber niemals der Resignation oder gar Weltabgewandtheit.
Ihr Gedichtband weniger bis meer beinhaltet Texte, die im Rhythmus der Jahreszeiten gehen und viel mit der norddeutschen Heimat der Autorin zu tun haben.
Sie zeugen von einem wachen neugierigen Blick selbst auf die kleinsten Dinge des Lebens und von einem großen Gespür für Sprache und Rhythmus:

„Dennoch
webt sich ins Land
mit sanften, leisen Tönen
/…/
haucht Hoffnungsgrün
auf gestern noch Lebloses

und gipfelt in dem Veilchen
zwischen engsten Fugen
unbändig, morgig mahnt
der Frühling Leben an“

Bilderreich und wortgewandt stellt die Autorin ihre Motive in immer wieder neue Zusammenhänge, beleuchtet das ewige Stirb und Werde in der Natur und setzt es geschickt und in mannigfacher Weise in Beziehung zum Menschen.

Den vier jahreszeitlich angeordneten Kapiteln ist eines vorangestellt, in dem das Element Wasser dominiert. Die lebensspendende, alles erneuernde Kraft des Wassers ist auch symbolisch zu lesen für Isabella Kramers durchweg positive Lebenseinstellung.
Immer wieder kehrt das lyrische Ich in den Gedichten zurück ans Meer, um hier im Einklang mit den Elementen zu sich selbst zu finden, sich seiner eigenen Kraft und deren Wurzeln zu vergewissern.

Dem Dunkeln, machtvoll Zerstörerischen wird wenig Raum gegeben und falls doch, dann immer nur als die andere Seite der Medaille, die man kennen und akzeptieren muss, um bewusster das Jetzt und Hier, das Helle und Freundliche erleben zu können:

„lehne mich gegen den sturm
fülle mit seiner kraft die leeren saiten
stärke und wildheit, fremd und vertraut
rauhlied im uralten fordernden rhythmus

/alles ist dein und altes muss fort/

wirbelnder tanz im fauchenden atem
bieg mich, neig mich – so weit es nur geht
schwinge im dunklen takt seiner macht
doch brechen, nein brechen lass ich mich nicht“

Die lichten Gedichte von Isabella Kramer stehen natürlich in einer langen Tradition.
Dennoch schafft es die Autorin auf bemerkenswerte Weise sich dieser nicht nur zu stellen, sondern sie fortzuführen, selbst alte Motive sprachlich neu zu fassen und ihnen dadurch zu neuem Glanz zu verhelfen.
„Du bringst für mich den Mond ins Rollen“ heißt es etwa in einem Text oder im Gedicht „erinnern“, in dem es um vergangene Rosentage, Rosendüfte und –sträuße geht, bittet das lyrische Ich darum: 
erzähls mir so// dass dem Erinnern keine Dornen wachsen//.

salzfeucht“, „wunschgefühlt“, „winterharfenzeit“, „tintenreim“ sind nur eine kleine Auswahl an Wortschöpfungen, die diese Gedichte als etwas Besonders kennzeichnen.

Und ganz wunderbar beherrscht die Autorin die Form des Pantum, für viele ihrer Gedichte geradezu die ideale Form, um das Zyklische darin offensichtlich zu machen.


Isabella Kramer, Malerin und Fotografin, Mitglied im Europa Literaturkreis Kapfenberg, Österreich, schreibt Lyrik und Kurzprosa
Zahlreiche Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften und Anthologien
Im Internet zu finden unter www.veredita.blogspot.de
Ihr Gedichtband weniger bis meer kann hier bezogen werden




Monika Kafka, 07/12









Mittwoch, 11. Juli 2012










und wieder leg ich ab

vor dir mein angestaubtes

  sein will ich wie sommergras

 das ohne arg sich überlässt dem wind



durchkämm der halme tag

 gebeugten leib mit deinen fingern, frisch

 öffnest du nachtverzurrte rispen

 biegst sie in glänzend grünes


licht will ich sein 

wie sommergras

 das sich in deine hände schmiegt







/c/ bild und text: monika kafka, westerwald, juli 2012



Donnerstag, 5. Juli 2012

aber wie

/c/ dieter vandory, 06/12







































als hätte es nie
etwas anderes gegeben
nur diese großäugige
stille zwischen dir und mir
die mich anglotzt aus totgesagtem
vielleicht 
/wer weiß das genau/
war ja immer schon winter und
nur das wort im munde quer
zur jahreszeit würde dann passen
irgendwie 
überlebt es einen/einer
aber wie






/c/ monika kafka, 07/12








Montag, 2. Juli 2012

holundernacht

/c/ dieter vandory, 2012















wir pflücken die stille
vom saum der dunkelheit

wächst uns entgegen
elfenbeinlicht

verzweigt sich
duft aus tagwarmen dolden

stockt atemnackt
in unseren händen

die zeit





/c/ monika kafka, 06/12

Mittwoch, 27. Juni 2012

Notizen aus der Steiermark, I, Mariatrost


Es ist heiß an diesem Tag. Stille säumt den kurzen ansteigenden Weg.
Zwei Häuser nur. Am Ende, rechter Hand, die Nummer vier.                  
Im Garten wuchert Sommer. Dunkelgrün und bunt. Von einem Eisentor bewacht,  den Blicken dennoch preisgegeben.

Hier also hat sie einst gelebt. In diesem Haus, das einer Villa gleicht. Und das seit gut einem Jahrhundert baulich unverändert blieb. Die Ansichtskarte fällt mir ein, die sich vergilbt in einem Fotoalbum findet. Und ich vergleiche das verinnerlichte Bild mit dem, das meine Augen heute sehen. Es stimmt überein bis ins Detail.

Ein Lächeln streift von ferne mein Gesicht, als ich mich an die Randnotiz erinnere, die Großmutter damals der Karte beigegeben: unsere Villa steht da in krakeliger Kinderschrift.

Die Mauern atmen schattig. Die Fenster – eine andere Zeit. 
Klein und filigran bis hinauf unter das Dach sind sie bestrebt, mehr zu verbergen als zu zeigen. Und teure Wärme nicht hinaus zu leiten.

Ob es wohl kalt war hinter diesen Steinen, wenn sich darauf der Winter legte? Wie kam sie bloß zur Schule, wenn Eis den abschüssigen Weg bedeckte? Die Straßenbahn nach Graz fuhr damals schon, doch bis zur Haltestelle war es weit.
Gab es für sie wohl Pferd und Kutsche?

Keiner wird das Tor mehr öffnen.
Und ich muss auskommen mit dem, was ich an Zuwendung und Wärme von Großmutter erhalten hab. Und weiter mit den Fragen leben.

Eine luftige Garage, wie man sie oft im Süden sieht, nicht viel mehr als ein überdachter Platz, schließt ab den Blümelweg. Dahinter öffnen sich die wilden Wiesen, geben frei den Blick auf das, was Großmutter gesehen hat. Die Wallfahrtskirche reckt ihre gelben Türme weit hinaus ins Blau. Postkartenblick. Und dennoch echt. Und wieder drängt ein anderes Bild aus der Erinnerung herauf: mit leichtem Pinselstrich in warmen Farben von der Jugendlichen festgehalten, stilisiert zum Aquarell.

Es zirpt und summt und flügelt. Kein andrer Laut stört die Idylle, nicht nur die Landstraße ist fern. Ich setze mich ins Grün, halt Zwiesprache für eine Weile. Mit Gräsern, Blumen und dem Wind. Und hör dazwischen plötzlich ihre Stimme, die aufsteigt aus dem Dunkel, das wohl ein jeder in sich trägt und das zuweilen aufbricht für Momente, wenn wir nur leicht den Schlüssel drehen im Schloss zum Tore der Vergangenheit. 

Und unter steirischer Sonne begreife ich zum ersten Mal, warum sich Großmutter niemals zurückgesehnt, als sie mit Großvater in jenes ferne Land gezogen: sie fand dort eine Landschaft vor und eine Lebensform, die nahtlos passte zu der ihren.
Ganz viel /Maria/Trost in Siebenbürgen.




















/c/ Text: Monika Kafka, 06/12
Bild: Thom Kafka, 06/12

Sonntag, 24. Juni 2012







Ich kann dich kaum
erinnern, ferner Freund

doch wenn des Tages müde Wellen
am ersten Wimpernschlag zerschellen,

sehe ich manchmal diesen Mohn

dein Bild erscheint mir
ist als hört ich deine Stimme …




 
es war die art, in der er meinen namen sprach.
den kurzen. freunden vorbehaltenen.
er fand ihn wohl zu kurz, weil er stets den artikel stellte ihm voran.
als ob die stimme einen anlauf bräuchte, bevor sie fliegen konnte.
über den hellspitzen vokal, um sich im dunkelrund aufs o zu setzen.
warm klang das. samtig gar. nach mohn.

wir haben mehr geteilt als diese eine liebe. 
zum roten mohn im frühen licht.
die welt durchs objektiv betrachtet. festgehalten, digital und auf papier. den augenblick, der so vergänglich. 
in der erinnerung verankert.  

er war wie ein baum, mein ferner freund.
die wurzeln stark und sonne in den zweigen.
im innern war er rotmohnlicht.
war sanft und so zerbrechlich.

als er gefällt, saß ich am meer.
an jenem, das auch er geliebt.
und eine möwe spielte, unbändig mit dem wind. 



/c/ die mo, im juni, 2012